Am 11. Mai 1931 jubelte Sir Rutherford, denn sein Ölprinz war geboren. Endlich ein Sohn und Nachfolger für das Petroleum-Imperium. Der kleine Jack würde einmal Dallas aus den Angeln heben und die Firma zur bedeutendsten in Kalifornien emporheben. Behütet und gefördert wuchs Jack Rutherford in einem reichen Elternhaus auf. Viele Künstler verkehrten dort, und so kam es, dass er schon mit elf Jahren dem damaligen Präsidenten der “American Watercolor Sociaty”, Max Walline, begegnete, der Jacks außergewöhnliches Talent erkannte und es deshalb übernahm, den Jungen selbst zu unterrichten. Der Vater akzeptierte die “Spielerei”. Die Malerei, die spielerisch begann, geriet jedoch zur Besessenheit. “Es gab ein großes Verlangen nach dem Geruch eines Künstlerateliers, ich war verliebt in Pinsel und Farben.” Mit 15 Jahren bereits studierte er an der Kunstakademie in Long Beach. Sein Lehrer, der Österreicher Karl Seethaler, war Direktor der Akademie und hatte ihn künstlerisch stark beeinflusst. Mit achtzehn Jahren verließ er Kalifornien, um das Westminster Collage in Utah zu besuchen. Sir Rutherford unternahm 1951 einen letzten Versuch, seinen Sohn in einem “anständigen” Beruf - in der eigenen Firma - die Karriereleiter erklimmen zu lassen, aber vergebens. Nach zwei Jahren malte Jack wieder bei Karl Seethaler. Mit viel Erfolg, denn mit 26 Jahren wurde er Direktor der “Schule der schönen Künste” in Long Beach, seiner Vaterstadt. Jahrelang übte er den Posten aus. Aber :“Die Entscheidung, alle meine Energie darauf zu verwenden, ein Künstler zu werden, war meine zweite Geburt.” Er verkaufte das Haus, erwarb einen Kleinbus und durchreiste mit Frau, vier Söhnen und kleinem Gepäck Mexiko, das Land der starken Farben und des einfachen Lebens.
Während seiner Reisen stellte er in immer wieder seine Bilder aus. Heute sind sie in den bekannteren Galerien und Museen zu finden und in über 1000 privaten und öffentlichen Sammlungen in den USA und in Europa vertreten. Schon damals hielt Jack Rutherford Vorträge und unterrichtete Kunststudenten, und so kam es, wie es kommen musste - er wurde Direktor der Kunstakademie San Blas in Nayarit, Mexiko.
Dabei war ihm klar, dass man als Künstler frei zu bleiben hat von jeder Theorie und den Gesetzen der Akademie. Kühnheit und experimentelles Handeln schafft den kreativen Ausdruck, und dieser Ansatz bestimmte immer mehr seine Malerei. So zog er 1971 weiter, zurück in die USA, nach Florida. Er malte, stellte aus, beschäftigte sich mit Philosophie und produzierte eine Unterrichtsserie für das Fernsehen. Für ihn waren das künstlerische Schaffen und das Lehren die zwei Seiten seiner Existenz als Künstler. Doch wie immer, wenn er das Gefühl hatte, sich nicht weiter zu entwickeln, verließ er den Ort. Es trieb ihn nach Europa. Mit besagtem VW-Bus, der gleichzeitig als Schlaf- und Speisewagen diente, fuhren seine Familie und er durch die Benelux- Länder; sie durchstreiften Frankreich ( Paris beschäftigt ihn einige Wochen, konnte ihn aber nicht halten ), dann ging es nach England, Deutschland und schließlich nach Spanien.
Nach den turbulenten Wanderjahren, die ihn durch halb Amerika und viele Länder Europas führten, nach den vielen Ausstellungen seiner Werke in Mexiko, Arizona, Virginia, Florida und Kalifornien, Ausstellungen in den europäischen Städten Brüssel, Amsterdam, London, Köln und München, sehnte er sich nach einem stillen Ort, an dem er die Früchte seiner Erfahrungen und seiner Vorstellungen von Kunst und Philosophie in Ruhe verarbeiten konnte, und er fand ein Domizil in den andalusischen Bergen. Lange Jahre blieb er dort, gründete das “Art & Growth Center Southern Spain”, in dem er junge Künstler unterrichtete.
Man könnte denken, nach beinahe 25 Jahren Aufenthalt in Spanien hätte die geografische und künstlerische Wanderung ihr Ziel erreicht - aber während diese Zeilen geschrieben werden, erreicht uns die Meldung: Das Anwesen in Spanien wurde verkauft, Jack Rutherford hat sich in Mexiko niedergelassen. Eine neue Herausforderung wartet...
PS. Zur Zeit arbeitet und lebt Jack Rutherford wechselweise in Mexiko und erneut in Andalusien, wo er sich in den Alpujarras ein neues, zweites Domizil zugelegt hat.
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