Abstrakte Malerei - Paul Klee, Bauhaus
 
Auszüge aus dem Arbeitstext zur Radiosendung “ Die Kunststunde “ am 30.05.2013
 (Hinweis: die Zitate und Quellen sind nicht gekennzeichnet !)

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Hallo Liebe Kunstfreunde,

haben Sie nicht auch Probleme, manche Werke der Gegenwartskunst zu verstehen? Stehen Sie nicht auch manchmal ratlos davor und wissen nicht, was das Ganze überhaupt soll?
Man schaut dann auf den Titel - denkt sich „aha“ - schaut nochmal auf das Bild und ist so klug wie zuvor…

image025  Solche Gefühle der Befremdung tauchen vornehmlich auf, wenn man als Betrachter abstrakten Werken gegenübersteht.
“Abstrakt bedeutet gegenstandslos; abstrakte Bilder zeigen keine gewohnten Motive wie Landschaften, Personen oder Gegenstände – zumindest sind sie nicht als solche zu erkennen. Sie haben auf den ersten Blick kein Thema, kein Motiv. Warum gibt es sie dann? Sind sie einfach nur ein hübsches Dekor für die kahle Stelle an der Wand? Wenn ja, warum sind sie dann manchmal ziemlich hässlich?

Picasso machte sich gern über Leute lustig, die seine Kunst „verstehen“ wollten. „Alle wollen Sie die Kunst verstehen, warum versucht niemand, den Gesang der Vögel zu verstehen?“ Natürlich hatte er recht. Die meisten Bilder lassen sich nicht mit Worten erklären. Eher können wir sie verstehen, wenn wir uns fragen, wie sie entstanden sind.

Früher, vor 1900, ging ein Künstler für seine Arbeit meist immer vom Thema aus: er bekam den Auftrag, zum Beispiel eine Madonna zu malen oder ein Portrait, und er führte den Auftrag aus, so gut er eben konnte. Er war und sah sich als Handwerker.
Als solche Aufträge der Kirche oder der reichen Adligen und Bürger seltener wurden, mussten sich die Künstler ihre Themen selber wählen.
Manche verlegten sich auf solche, die möglichst viele Käufer anlocken könnten; sie malten Mönche bei der Weinprobe, ein Ständchen im Mondschein oder irgendein bedeutendes Ereignis aus der vaterländischen Geschichte.
 Andere Künstler jedoch wollten nicht bloße Illustratoren sein. Wenn Sie sich schon das Thema aussuchen konnten, dann wollten sie eines wählen, an dem sie ein bestimmtes technisches Problem studieren konnten, dass sie interessierte: so malten die Impressionisten, die Lichteffekte für wichtig hielten, plötzlich Parklandschaften, Passanten im Straßen und Cafés oder unstattliche Gebäude wie eine Scheune. Andere wollten ihr Gefühlsleben in Bilder umsetzen, Emotionen darstellen oder politische Haltungen zeigen. Und vielen Künstlern war das Motiv nur Gelegenheit, die Harmonien von Formen und Farben zu studieren. Cézannes Stillleben zum Beispiel sind Versuche, verschiedene künstlerische Probleme zu lösen. Und die Kubisten setzten da an, wo Cezanne aufgehört hatte. Sie zerlegten die Gegenstände in viele Teile, setzten sie neu zusammen und komponierten verschiedene Perspektiven in einem Bild. Oder sie nahmen Teile von anderen Bildern und setzen sie zu einer Collage - zu einem neuen Bild - zusammen.
 Man kann sagen: Mit Beginn der Moderne war es für junge Künstler eine Selbstverständlichkeit, dass es in der Kunst vor allem auf die Lösung sogenannter Formprobleme ankommt. D.h., dass diese Künstler immer von der Form ausgehen und dass Ihnen das Thema etwas Sekundäres zu sein scheint.

Für uns als Betrachter, die wir gewohnt sind, in Bildern ein Thema dargestellt zu bekommen, ist es manchmal schwierig zu entscheiden, ob es sich lohnt, sich mit einem abstrakten Bild auseinander zu setzen. Warum sollen wir uns überhaupt die Mühe machen, den Fragen, Gedanken und dem Handeln eines Künstlers zu folgen? Reicht es nicht aus, den Schwarzwaldbach von der Wand zu nehmen und sich so ein nichtssagendes Klecks- oder Streifenbild hinzu hängen, um nicht als ewig gestriger Spießer wahrgenommen zu werden?

Liebe Kunstfreunde, bedenken Sie, jede Kunst ist für Sie - als Betrachter! - ein Angebot, mehr nicht. Ein Angebot, ihr Leben zu bereichern. Abstrakt oder gegenständlich, es gab und gibt immer beides, und das wird auch so bleiben. In der Kunstgeschichte entwickelt sich alles weiter, aber nie in eine Richtung. Das gilt selbst für den einzelnen Künstler: einer fängt an, figürlich zu arbeiten, wird später abstrakt und kehrt dann zum Gegenständlichen zurück.
 - Man sagt: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Was für ein Unsinn! Als sei er einfach da oder nicht da und unabänderlich. Das schmeckt mir nicht, das mag ich nicht – kann sein, aber probieren muss man schon, um sein Urteil zu fällen…

Der große Kunstgelehrte Gombrich hat einmal gesagt, dass das Wort „Kunst“ zu verschiedenen Zeiten Verschiedenes bedeutet. Im fernen Osten beispielsweise sei die größte aller Künste die „Kalligraphie“. Er selbst würde immer dann von „Kunst“ sprechen, wenn etwas so unglaublich gut gemacht ist, dass wir vor lauter Begeisterung fast vergessen zu fragen, was denn die Sache sein soll.
Legen wir dieses Kriterium auch für uns zu Grunde, wenn wir ein Bild an die Wand hängen, so folgen wir unserem echten, begründbaren Kunst-Geschmack. Dann spielt die Frage „abstrakt oder gegenständlich“ keine Rolle.

 Der Umgang mit Formen und Farben an sich, losgelöst von jeder Motivation oder Absicht, gehört zur Bildentstehung der abstrakten Malerei – und führte bei den frühen Künstlern dieser Gattung zu den unterschiedlichsten Ergebnissen. Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Piet Mondrian - nehmen wir heute als Beispiel Paul Klee… 

 Klee Paul Klee wurde 1879 in Münchenbuchsee bei Bern in der Schweiz geboren. Sein Vater stammte aus der Rhön und studierte in Stuttgart Gesang, Klavier, Orgel und Violine. Auch seine Mutter war Musikerin, und er hatte eine drei Jahre ältere Schwester, Mathilde.
Man kann sagen, dass Paul Klee in einem sehr musikalischen Elternhaus aufwuchs. Er erhielt Geigenunterricht an der städtischen Musikschule, und er beherrschte sein Instrument bald so meisterhaft, dass er bereits als Elfjähriger bei der bernischen Musikgesellschaft spielen durfte. Außerdem dichtete und zeichnete er viel. Sein zeichnerisches Talent wurde aber nicht gefördert, da seine Eltern ihn zum Musiker ausbilden lassen wollten.
 Nach der Matura verließ er die Schweiz und zog nach München, um dort Kunst zu studieren. Das geschah gegen den Willen seiner Eltern.
- Die Akademie der Bildenden Künste in München wies ihn ab, und so studierte Paul Klee zunächst Grafik an einer Privatschule. Nebenher erlernte er die Technik des Radierens und Ätzens. Er genoss vor allem das lockere Studentenleben sowie die zahlreichen Affären mit jungen Modellen.

Er bezog ein eigenes Atelier und wechselte 1900 an die Kunstakademie und in eine Malklasse, in der auch Wassily Kandinsky studierte. Er konnte dem Unterricht aber nur wenig abgewinnen und nahm nur sporadisch teil.
1901 verließ er die Akademie wieder und begab sich zusammen mit dem Bildhauer Hermann Haller lieber auf eine sechsmonatige Studienreise nach Italien. Mailand, Genua, Rom, Florenz und Neapel waren die Städte, deren Architektur ihn besonders begeisterte. - Nach seiner Rückkehr aus Italien 1902 lebte Paul Klee bis 1906 in seinem Elternhaus und verdiente seinen Lebensunterhalt als Geiger bei der bernischen Musikgesellschaft. Er liest die Klassiker, belegt anatomische Vorlesungen und kreiert die ersten Radierungen. Er kehrt nach München zurück und studiert das grafische Werk von Goya, William Blake und James Ensor. Zusammen mit einem Freund reist er 1905 nach Paris, wo er zum ersten Mal impressionistische Bilder sieht.
Ein Jahr später heiratet er in München die Pianistin Lily Stumpf. Als sein Sohn Felix geboren wird, übernimmt Klee zum großen Teil die Kindererziehung und den Haushalt.. Lily erteilt Klavierstunden in ihrer Wohnung in Schwabing und kommt so für den Lebensunterhalt der Familie auf, denn Klees Bilder verkaufen sich schlecht.
Neben der Kunst hat Klee zwei große Leidenschaften: die Kochkunst und Katzen.
 image023Paul bereitet die Mahlzeiten zu, meist gibt es fünf oder sechs Gänge, italienische oder französische Küche. Raffinierte Gerichte wie „Gerstotto“ zum Beispiel, eine eigene Art Risotto mit Gerste und Tomaten. - Er hat mehrere Katzen, drei davon sind Abkömmlinge einer Wildkatze. Ganz besonders vernarrt ist er in eine weiße Perserkatze namens Bimbo, die sich oft auf seine noch feuchten farbigen Aquarelle legt und nicht weichen will.
Nach Aussage einiger Zeitgenossen hat Paul Klee die Neigung, sich sehr unmodern zu kleiden; andererseits ist er sehr genau und registriert in einem Katalog jedes seiner Werke, dessen Maße und die verwendete Technik. Er gilt als genial, aber besitzt auch einige Macken: er weigert sich zum Beispiel, das Telefon zu benutzen und bezeichnet es mit Verachtung als „Teufelskasten“.
Dem Kino steht er feindselig gegenüber und sieht sich nur Filme von Buster Keaton, Charlie Chaplin und Harald Lloyd an. Auch möchte er nicht nach Venedig reisen, da er sicher ist, dass ihm die Stadt nicht gefallen wird; als man ihn 1932 doch zu einem Besuch überredet, ist er vom Charme der Stadt hingerissen und durchquert sie zu Fuß, bis er nicht mehr laufen kann…

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Paul Klee kann einige Arbeiten in Gruppenausstellungen im Münchner Glaspalast und an der Berliner Secession unterbringen. Er befasst sich zunehmend mit der zeitgenössischen Kunst, schätzt Ausstellungen von Cezanne und Vincent van Gogh. 
Im Januar 1911 lernt Klee in München Alfred Kubin kennen. Zu diesem Zeitpunkt nimmt Klees grafisches Werk einen großen Raum ein, und seine frühe Neigung zum Sarkastischen und Skurrilen sowie Ironischen liegt Kubin sehr. Er freundet sich mit Klee nicht nur an, er wird auch sein erster namhafter Sammler.
Im Herbst machte Klee die Bekanntschaft von August Macke und Wassily Kandinsky und im Winter schloss er sich der von Kandinsky und Franz Marc gegründeten Redaktionsgemeinschaft des Almanachs Der Blaue Reiter an. Weitere Mitarbeiter waren Gabriele Münter und Marianne von Werefkin. Klee entwickelte sich in den wenigen Monaten seiner Mitarbeit zu einem wichtigen Mitglied des Blauen Reiters, von einer vollkommenen Integration kann aber nicht gesprochen werden.

Während eines zweiten Parisaufenthaltes vom 2. bis 18. April 1912 besucht Klee mit seiner Frau Lily die Galerie von Kahnweiler. Er sieht dort Werke von Georges Braque, André Derain, Henri Matisse, Pablo Picasso, Henri Rousseau und Maurice de Vlaminck. Am 11. April trifft er Robert Delaunay in dessen Pariser Atelier. Er hatte während seines Parisaufenthalts schon Delaunays Fensterbilder kennengelernt und bei ihnen „den Typus eines selbständigen Bildes, das ohne Motive aus der Natur ein ganz abstraktes Formdasein führt …“ erkannt - wie er in einer Ausstellungskritik 1912 schrieb. Durch die Bekanntschaft mit Delaunay änderte sich Paul Klees Verständnis von Licht und Farbe grundlegend. Und er versuchte, die gewonnenen Anregungen in seinen Bildern bildlich umzusetzen, vor allem den Bildern mehr Farbe zu geben und Effekte nur durch Kontraste und Tonunterschiede zu kreieren. 

image019Das vielleicht wichtigste Ergebnis für Klees Kunst ist jedoch eine gemeinsame Reise mit August Macke und Louis Moilliet nach Tunesien im April 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Drei Wochen sollte sie dauern.
Moillet malte im Gegensatz zu Macke und Klee auf der Reise nur wenig. Klee führte als einziger der drei Maler Tagebuch, er beschrieb darin u.a. die Einfahrt nach Tunis: „Die Sonne von einer finsteren Kraft. Die farbige Klarheit am Lande verheißungsvoll. Macke spürt das auch. Wir wissen beide, dass wir hier gut arbeiten werden.“ image028
Und in der Tat: die Aquarelle, die Macke auf dieser Reise malte, gelten als die schönsten und machten Macke später weltberühmt. Die Aquarelle von Klee neigten zu größerer Abstraktion. Macke bevorzugte kräftigere Farben, und Moilliet malte großflächiger als die anderen… Ein Vergleich der etwa zeitgleich entstandenen Arbeiten der drei Künstler zeigt ihre gegenseitige Beeinflussung.

Klee - sensibilisiert durch das Farbverständnis Delaunays für das intensive Licht und die Farben des Südens - malte mehrere Aquarelle, denen er für sein weiteres Kunstschaffen große Bedeutung zumaß. So schrieb er am 16. April in sein Tagebuch:

Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiß das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.“

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Die Formen der Kuppelbauten, die Palmen, die Farbtöne von Himmel und Sand werden von Klee als strahlende Farbflächen und mit einfachen grafischen Mitteln abstrahierend wiedergegeben. Trotzdem gelingt es ihm, noch einen Anschein von Realität beizubehalten und damit das Gefühl des Betrachters anzusprechen. Die Formen und Farben bleiben im Gedächtnis haften und hinterlassen die Impression der Wüste, der Städte und der Gärten. image006
In Paul Klees Reisetagebüchern leben die Landschaften der Länder in Farbflächen wieder auf ; im Blau das tiefe Blau des Meeres, im schimmernden Ocker die Weite der Wüste und im Grün die subtropische Vegetation. Die Formen der sichtbaren Wirklichkeit sind in den Aquarellen noch gegenwärtig, aber es sind keine Abbilder, es sind schon eher Imaginationen der Realität. 

klee-highway1Noch etwas ist zu erkennen: Klee ordnet seine Bildmotive wie eine Partitur, er spielt mit den Schwingungen der Linie und mit der Transparenz der Farben. Geometrische Formen heben sich durch ihre Farbe voneinander ab, sie besitzen weder Tiefe noch Perspektive, vielmehr bleiben Sie eine Fläche.

  Die Fläche wird Klees eigentliches Thema. Er analysiert ihre Struktur, die Rhythmik und die Proportionen, bevor er sie ausdehnt. Es geht ihm um die Bedingungen einer Ausgewogenheit, um ein vielschichtiges Spiel als Ausdruck einer inneren Wirklichkeit.
Die Gestaltung von Flächen, der Helligkeitswert von Farben, Bewegungsmomente zwischen diesen beiden, alles zeigt die Verbindung der Malerei zur Musik. Klees Malerei ist aufgebaut wie Musik.
Das ist kein Zufall. Die Wechselwirkung zwischen den beiden Kunstgattungen ist bei ihm vielleicht zwangsläufig: er war eine Zeit lang Berufsmusiker und jeden Tag seines Lebens bereitet er sich auf das Malen vor, indem er wenigstens eine Stunde lang zuvor auf seinem Instrument spielt…

 Aber Paul Klee geht weiter: er versucht nachzuweisen und zu entwickeln, dass Strukturen der Malerei mit gewissen musikalischen Strukturen übereinstimmen. Es gibt sogar Bildtitel wie „im Stil von Bach“ oder „Fuge in Rot“. Fuge in Rot
 Wenn Klee solch ein Thema wählt, hat er nicht die Absicht, eine Fuge einfach grafisch zu Papier zu bringen. Vielmehr versucht er, eine bestimmte Art von Rückgriffen, von Wiederholungen und Variationen, die Ausdrucksformen der Fuge sind, mit Farbe und Linie in einem Bild deutlich zu machen. Die Strenge dieser musikalischen Formen findet sich in der rhythmische Abfolge der Flächenvariationen und Tonabstufungen, die aus dem dunklen Grund hervorgehen – die schwarze oder einfarbige Untermalung ist bei ihm meistens Ausgangspunkt. Fuge

 

 

 

Andere Bilder sind wie ein Kanon aufgebaut.

Es gibt viele Skizzen, Listen, Tafeln und Aufzeichnungen, die Klees Ansatz einer musikalischen Malerei verdeutlichen.

 Die Nähe zur Musik ist aber nur das Eine; das Andere sind seine Überlegungen zu Gleichgewicht und Harmonie. 1908 schreibt er in sein Tagebuch:
Harmonie ist eine Form von Gleichgewicht, die ohne Urteilskraft und erprobte Methode schwer zu erreichen ist… Gut gestaltete Bilder vermitteln den Eindruck vollkommener Harmonie, aber der Laie täuscht sich, wenn er glaubt, dass es, um die Ausgewogenheit des Ganzen erreichen, nötig sei, die einzelnen Teile unter sich in Einklang zu bringen. Wenn man so vorgeht, zeigt sich eher die gegenteilige Wirkung. Wenn das Gleichgewicht zwischen zwei Teilen besteht, muss kein Dritter mehr mit einbezogen werden, es sei denn, die beiden Ersteren grenzen direkt aneinander und mit dem Dritten wird versucht zu kontrastieren.“
Und in seinen Aufzeichnungen für den Unterricht am Bauhaus notiert Klee: „In erster Linie besitzt die Farbe eine Qualität, in zweiter Linie ein Gewicht, des weiteren nicht nur einen chromatischen Wert, sondern auch eine Lichtwirkung; schließlich hat sie auch eine messbare Ausdehnung.“

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Nun, liebe Hörer, ich kann Ihnen das jetzt leider nicht an Beispielen zeigen, wir stoßen an die Grenzen dessen, was im Radio möglich ist. Man kann abstrakte Bilder nicht beschreiben, man muss sie sehen. Wie soll ich erläutern, dass 3 schachbrettartige Farbfelder so komponiert werden können, dass ein gewellter Raum entsteht, der auch noch eine emotionale Wirkung hat? Diese Sendung soll sie ja auch nur ein bisschen verführen, sich auf Ungewohntes einzulassen und neugierig zu werden… Oder wie Gombrich sagt: …begeistert sein ohne zu fragen, was das Ganze eigentlich soll...

Am 5. März 1916 erhielt Klee seinen Einberufungsbefehl als Landsturmsoldat. Als Sohn eines deutschen Vaters, der sich nie um eine Einbürgerung seines Sohnes in die Schweiz bemüht hatte, war Klee während des Ersten Weltkriegs wehrpflichtig. Am Tag seiner Einberufung erfuhr er, dass sein Freund Franz Marc bei Verdun gefallen war.
 Nach dem Abschluss der militärischen Grundausbildung wurde er als Soldat hinter der Front eingesetzt und später nach Gersthofen versetzt, wo er bis zum Ende des Krieges als Schreiber des Kassenwarts der Fliegerschule tätig war. Somit blieb ihm ein Fronteinsatz erspart und er überlebte.

Am 12. April 1919 schloss er sich in München der Räterepublik an, wo er als Mitglied des Rats revolutionärer Künstler aktiv wurde. Nachdem die Räterepublik zusammengeschossen und zerschlagen wurde, floh er nach Zürich, wo er sich mit Künstler der DADA-Gruppe traf.
Im Oktober schloss er mit dem Münchner Kunsthändler Hans Goltz einen Generalvertretungsvertrag ab, und so konnte eine erste retrospektive Einzelausstellung Paul Klees im Mai 1920 in München eröffnet werden.
Im Oktober desselben Jahres wurde Klee von Walter Gropius an das Staatliche Bauhaus in Weimar berufen. Dort war er als Lehrer für den Vorkurs-Unterricht verantwortlich sowie als Form-Meister für die Buchbinderwerkstatt und die Glasmalerei zuständig. Seine Ernennung war eine kulturpolitische Entscheidung, da sich Klee nach der Novemberrevolution in München zur politischen Linken bekannt hatte. Die Maler des Bauhauses kannten Klees Werk, sie vertraten die Richtung der modernen Malerei. Im September desselben Jahres übersiedelte Klee mit seiner Familie endgültig nach Weimar. Sein Sohn Felix wurde, kaum vierzehnjährig, der jüngste Bauhausschüler...

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Nun, liebe Kunstfreunde, lassen Sie mich an dieser Stelle einmal kurz zusammenfassen, was das „Bauhaus“ eigentlich war:
Das Staatliche Bauhaus wurde 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet. Nach Art und Konzeption war es damals etwas völlig Neues, eine moderne Schule für Kunst-Design und Architektur in Deutschland.
Der Gründer Walter Gropius verfolgte den Traum, eine neue "Baukunst" zu erschaffen - Kunst und Handwerk sollten vereint werden, daher der Name seiner Schule "Das Bauhaus". Es handelt sich beim Bauhaus also weniger um einen konkreten Kunststil, sondern um das Zusammenkommen von Künstlern verschiedener Stile, die ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Als Vorbild für die entstehenden Werkstätten dienten die mittelalterlichen Bauhütten, in denen Künstler und Handwerker früher Hand in Hand arbeiteten. Diese Form der Zusammenarbeit will Gropius wiederbeleben.
Es gelingt ihm, bereits bekannte Künstler - vor allem Maler - für seine Idee zu begeistern und als Lehrer zu gewinnen. Nach und nach wird die Schule um die Unterrichtsfächer Architekturlehre und Baupraxis erweitert.
Jeweils ein Künstler und ein Handwerker leiten eine Werkstatt. Ein weiteres Indiz für die Synthese von Kunst und Handwerk ist die Struktur der Bauhausschulen: Es gibt keine Professoren und Studenten, sondern Meister, Jungmeister, Gesellen und Lehrlinge. "Meister der Form" werden die berufenen Künstler genannt und ein Handwerksmeister steht ihnen technisch verantwortlich zur Seite. Johannes Itten, Laszlo Moholy-Nagy, der nebenher auch die Metallwerkstatt betreut, und Josef Albers leiten den Vor- und Elementarkurs. Lyonel Feininger steht der Druckerei vor, Gerhard Marcks der Töpferei, Georg Munch der Weberei und Wassily Kandinsky und Paul Klee der Wand- bzw. Glasmalerei. Oskar Schlemmer erhält die Verantwortung für die beiden Bildhauerklassen (Holz und Stein) und für die eigene Bauhausbühne.
Zwei wesentliche Ideen prägt und lehrt das Bauhaus:

  • Der Unterschied zwischen Kunst und Handwerk soll aufgehoben werden; Kunst und Handwerk werden vereinigt.
  • Schön ist, was funktioniert. Indem das Bauhaus die Grenzen zwischen Handwerk, Technik, Kunst und Industrie öffnet, hat es „die Kunst um der Kunst willen“ überwunden.
  • Maßgebend für das Bauhaus-Design ist die Effizienz und Nützlichkeit eines Produktes. Ästhetik und künstlerischer Ausdruck sollen ausschließlich von der Funktion des Produktes geprägt sein.
    Deshalb werden ornamentale Verspieltheit und hübsche Verzierungen, wie sie vor 1900 in Mode sind, verpönt. Es gilt nur der Zweck, die Funktion. Gebrauchsgegenstände, sogar Räume oder ganze Häuser, müssen schlicht sein; Verzierungen ohne Funktion sind Maskerade und Schein. Der Mensch soll in seiner Wohnung und mit seinen Gebrauchsgegenständen von einer ehrlichen Kunst und Harmonie umgeben sein.
    Teure, prunkvolle und schlecht ausgestattete Wohnungen sollen der Vergangenheit angehören.
    Ein Konzept rationeller und industrialisierter Bauten soll diese Probleme beseitigen. Eine neue Art von Wohnungsbau, sowie industriell hergestellte Gebrauchsgegenstände sollen "gewöhnlichen Menschen die Möglichkeit bieten, in besserer Lebensqualität“ zu leben.

Soweit die Theorie. Und die Praxis?
Ausgeufert und entartet ist die Idee des Bauhauses vor allem in den 70er Jahren, wo ganze Wohngebiete zu rechteckigen Betonblockbauten zusammengeschweißt wurden. Keine Spur von „sozialem Wohnen mit hoher Qualität“. Gropius Theorien waren eine Steilvorlage für den Kapitalismus und anderer Ideologien, die sich um die individuellen Bedürfnisse der Menschen nicht scheren. Er hat mit seinen Ideen die Grundlage für die Plattenbauten in den Satellitenstädten dieser Erde gelegt. Zwar ermöglichte die industrielle Massenfertigung die Bereitstellung von dringend benötigtem Wohnraum, aber man wohnt seitdem anonym, isoliert auf engem Raum, wie in großen Karnickelställen. Die neuen daraus resultierenden sozialen Probleme sind bis heute kaum lösbar.

Andererseits: Das Design vom damaligen Bauhaus trifft heute noch den Zeitgeist und die Mode. „Schlichtheit“ ist allerorts angesagt. Architekten bauen cubusförmige Einfamilienhäuser, Flachdach, weiße Außenwände, viel Glas und Sichtbetondecken. Darin wenige und meist eckige Kastenmöbel, Regal-Module, Rechtecksofa aus Leder, unbequem aber schick. Der Luxury-Style ist schlicht. Eine Küche auf den ersten Blick nicht als solche erkennbar. Bauhaus-Design steht heute vielen Menschen näher als die phantasievollen Möbel des Jugendstils . Der heutige "Ikea-Stil" kann auch als Bauhaus–Abwandlung oder -Variation bezeichnet werden. Das Smartphone ist schlicht und funktional.

Zurück zu Paul Klee:
1925 wurde das Bauhaus in Weimar auf politischen Druck hin aufgelöst und zog 1926 nach Dessau. Klee zog ohne Familie mit um und erteilte zeitweise Unterricht im Aktzeichnen und leitete mit Kandinsky eigene und freie Malklassen. Doch auch in Dessau gab es Konflikte mit den städtischen Behörden und politischen Druck durch die Nationalsozialisten. Gropius trat als Direktor zurück; es gab ständig Querelen auch innerhalb des Bauhauses, und Paul Klee folgte deshalb dem Ruf, an der Düsseldorfer Kunstakademie als Professor zu arbeiten.
Im Wintersemester 1931 nahm er die Arbeit mit einem Kurs über Maltechnik auf. Er behielt seine Wohnung in Dessau und mietete in Düsseldorf ein möbliertes Zimmer. Alle 2 Wochen pendelte er zwischen beiden Städten, da er sowohl ein Atelier im Gebäude der Akademie besaß, als auch eines in seinem Wohnhaus in Dessau, das er weiterhin nutzte. Erst Anfang 1933 fand er in Düsseldorf eine geeignete Wohnung für seine Familie.

Nach Hitlers Machtübernahme 1933 sollte Klee einen „Ariernachweis“ erbringen. Er war in dem nationalsozialistischen Blatt Die rote Erde als „galizischer Jude“ beschimpft worden, und sein Haus in Dessau wurde durchsucht. Er verzichtete jedoch auf ein Dementi, da er sich nicht um die Gunst der Nazis bemühen wollte. An seine Schwester Mathilde schrieb er am 6. April 1933:
„In der Blutsfrage habe ich bisher unterlassen, etwas zu tun. Felix wird […] sein Christentum nachweisen. Wenn es von mir offiziell verlangt wird, dann muss ich es auch tun. Aber von mir aus etwas gegen so plumpe Angriffe zu unternehmen, scheint mir unwürdig. Denn: Wenn es auch wahr wäre, daß ich Jude bin und aus Galizien stammte, so würde dadurch an dem Wert meiner Person und meiner Leistung nicht ein Jota geändert.“

Klee besorgte sich den Nachweis; er wurde aber von den Nationalsozialisten als „entarteter Künstler“ und „politisch unzuverlässig“ bezeichnet und am 21. April fristlos aus seinem Amt entlassen. Klee verabschiedete sich von seinen Leuten mit den Worten: „Meine Herren, es riecht in Europa bedenklich nach Leichen“.
Sein Nachfolger an der Kunstakademie wurde Franz Radziwill, der anderthalb Jahre später unter der Anklage, „entartete Kunst“ geschaffen zu haben, ebenfalls seine Stellung aufgeben musste. Im Oktober schloss Klee einen Vertrag mit Daniel-Henry Kahnweilers Galerie in Paris, die das Monopol für alle Verkäufe außerhalb der Schweiz erhielt.

Die Düsseldorfer Wohnung wurde am 23. Dezember 1933 Jahres geräumt. Das Ehepaar Klee emigrierte noch am selben Tag in die Schweiz und zog Heiligabend 1933 in Klees Elternhaus in Bern ein. Im Juni 1934 bezogen sie eine Dreizimmer-Wohnung , nachdem die zurückgelassenen Möbel und Bilder aus Düsseldorf in Bern eingetroffen waren.

 Schon im Frühling 1934 reichte Klee ein Einbürgerungsgesuch ein, das prompt abgelehnt wurde. Deutsche Staatsbürger durften sich aufgrund des Berliner Abkommens vom 4. Mai 1933 nur um das Schweizer Bürgerrecht bewerben, wenn sie sich seit fünf Jahren ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten hatten.

Am 19. Juli 1937 wurde in München die Ausstellung „Entartete Kunst“ eröffnet, in der Klee mit 17 Werken vertreten war. Sie wurde als Wanderausstellung im weiteren Verlauf in Berlin, Leipzig, Düsseldorf und Salzburg gezeigt. Ab August desselben Jahres wurden die ersten zeitgenössischen Kunstwerke beschlagnahmt, darunter die bereits in der Münchner Ausstellung als „entartet“ diffamierten Werke Klees. Im weiteren Verlauf wurden weitere 102 Werke von Paul Klee in deutschen Sammlungen als „entartete Kunst“ beschlagnahmt und ins Ausland verkauft, gegen harte Devisen natürlich…

Im April 1939 stellte Klee seinen zweiten Antrag auf Einbürgerung. Sein Gesuch wurde von der Polizei kritisch überprüft, denn in der Öffentlichkeit wurde die moderne Kunst als eine Begleiterscheinung linker Politik angesehen. In geheimen Berichten eines Polizeibeamten wurde Klees Werk als „eine Beleidigung gegen die wirkliche Kunst und eine Verschlechterung des guten Geschmacks“ angesehen, und die Presse unterstellte ihm, seine Kunst werde von jüdischen Händlern aus rein finanziellen Gründen gefördert. Trotz des Polizeiberichts erhielt Klee am 19. Dezember 1939 die wenigstens die Zulassung seines Einbürgerungsantrags.
Am 16. Februar 1940 wurde im Kunsthaus Zürich die Jubiläumsausstellung „Paul Klee. Neue Werke“ eröffnet, die einzige vom Künstler selbst konzipierte Präsentation seines Spätwerks. Bitterkeit und Trauer sind in vielen seiner Werke aus dieser Zeit erkennbar. Die Bilder drückten keine Begeisterung über die Natur mehr aus, sondern eher Melancholie und die bangen Gefühle eines Menschen, dem sich der Tod angekündigt hat.
Nach weiteren Anhörungen wollte der Gemeinderat der Stadt Bern am 5. Juli 1940 endgültig über die Einbürgerung entscheiden. Klees Gesuch wurde jedoch nicht mehr bearbeitet, da sich Anfang April 1940 sein Gesundheitszustand verschlechterte. Er starb am 29. Juni 1940 in der Clinica Sant’Agnese in Muralto, eine Woche vor der Sitzung.

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Video (Paul Klee in Düsseldorf)

Video (Paul Klee - Nationalgalerei Berlin)

Video ( Harald Schmidt Show- Paul Klee)